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Michael Grunberger
Das geltende Recht kennt zahlreiche Gleichbehandlungspflichten und
Diskriminierungsverbote privater Akteure. Sie werden traditionell als
"Ausnahmen" verstanden, mit denen die Privatautonomie unangemessen einschränkt
werde. Der Autor hinterfragt die historischen, vergleichenden und theoretischen
Annahmen dieser Konzeption und plädiert für einen neuen Ansatz, der auf der
sozialen Erwartung privater Akteure beruht, nicht ohne sachliche Gründe ungleich
zu behandeln. Das Recht schützt diese Erwartung, indem der von einer
Ungleichbehandlung betroffene Akteur vom anderen eine Rechtfertigung verlangen
kann. Damit löst sich das Modell von abstrakten Prinzipienkollisionen und
verortet den Konflikt in den jeweils unterschiedlichen Kontexten der betroffenen
Autonomiebereiche. Mit der Auslegung der Gleichbehandlung wird diese methodisch
so strukturiert, dass die jeweiligen Auswirkungen der Ungleichbehandlung vom
Betroffenen sichtbar gemacht werden können. Beiden Parteien steht erst dann die
Möglichkeit offen, die Ungleichbehandlung und ihre Rechtfertigungsgründe in
einem rechtlichen Diskurs zu thematisieren. Zentraler Baustein der Neukonzeption
ist ein situationsadäquates Rechtfertigungskontinuum, dessen Spanne von den auf
„Null“ reduzierten Rechtfertigungsanforderungen bis zu den auf „Null“
reduzierten Rechtfertigungsgründen reicht