Marx im Westen: Die neue
Marx-Lektüre in der Bundesrepublik seit 1965 Gebundene Ausgabe – 6. Oktober
2008
von Ingo Elbe (Autor)
Über Jahrzehnte
beanspruchten die komplementären Diskurse des östlichen partei-, später
staatsoffiziellen Marxismus sowie des westlichen Antikommunismus die nahezu
uneingeschränkte Definitionsmacht über das, was gemeinhin als ‚Marxsche
Theorie’ oder ‚wissenschaftlicher Sozialismus’ galt. Dagegen machte sich ab
Mitte der 1960er Jahre eine neue Lektüre-Bewegung vor allem in der
Bundesrepublik daran, die originellen wissenschaftlichen Gehalte des Marxschen
Denkens zu entdecken. Der Rezeptionsschutt der vorangegangenen 100 Jahre sollte
weggeräumt werden, um für die Rekonstruktion einer kritischen
Gesellschaftstheorie mit einem innovativen Methoden- und Gegenstandsverständnis
Platz zu schaffen. Das Buch vergegenwärtigt die Quellen, Geschichte und
Resultate dieses neuen Diskussionskontexts. Drei Stränge der Debatte werden
näher beleuchtet: die methodologische und werttheoretische Grundlagenforschung,
die Staatsableitung sowie die Untersuchung der revolutionstheoretischen
Implikationen der Kritik der politischen Ökonomie. Dabei wird gezeigt, dass in
einem noch keineswegs abgeschlossenen Forschungsprozess die Umrisse einer bei
Marx angelegten Theorie erkennbar werden, die wichtige Impulse zum Verständnis
der modernen Reichtums- und Herrschaftsformen geben kann und in vielem geradezu
das Gegenteil von dem zeigt, was man von Marx in marxistischen wie
nicht-marxistischen Kreisen zu wissen glaubte.